Urlauber suchen Spiritualität

Sehr beliebt ist das Radpilgern auf dem 4300 Kilometer langen Radwegenetz in Bayern
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Kirchenrat Thomas Roßmerkel sieht Chance für die Kirchen bei Kirche und Tourismus

 

Bericht von Pia Mix, erschienen in der Passauer Neuen Presse


Traunstein/Traunreut. In der Frühjahrssynode des evangelischen Dekanats Traunstein berichtete Kirchenrat Thomas Roßmerkel über den Arbeitsbereich „Kirche und Tourismus“. Dieser Bereich umfasse deutlich mehr als nur Berggottesdienste. Angebote wie Kirche im Grünen, Pilgern, Motorradfahren und Radwegkirchen könnten auch im Dekanat Traunstein umgesetzt werden, sagte er. Denn viele Urlauber suchten in den wichtigsten Wochen im Jahr neben Erholung auch Spiritualität.
Roßmerkel nannte am Beginn seines Vortrages einige Zahlen: Laut einer Studie suchten 92 Prozent der Menschen im Urlaub Erholung und Entspannung, 45 Prozent wollten geistige Anregung, 19 Prozente neue spirituelle Erfahrungen, zwölf Prozente Gott und den Glauben neu erfahren. Die Motive vieler Reisenden spiegelten etwas wider, das die Kirche sehr gut bieten könne, nämlich „Stille und die Möglichkeit, zur Ruhe zu kommen“. Der spirituelle Tourismus sei nicht von den Kirchen erfunden worden, sie könnten aber gut aufspringen, „sonst macht das jemand anderes an unserer Stelle“.
Neben den klassischen Berggottesdiensten gebe es bereits in manchen Regionen meditative Spaziergänge, Kirche im Grünen, Motorradgottesdienste, offene Kirchen, Radwegekirchen. Die Gotteshäuser „sind ein Ort der Stille, ein Rastplatz für die Seele“, so Roßmerkel.
Ein Megatrend seit einigen Jahren sei das Pilgern und Wandern in der Natur. Neun Hauptstränge des Jakobsweges gibt es in Bayern und 335 Kirchengemeinden an den ausgewiesenen Wegstrecken, die vom Pilgertrend profitieren können. Sehr beliebt sei auch Radpilgern auf dem 4300 Kilometer langen Radwegenetz. Die Landeskirche bilde für diesen Sektor sogar Pilgerwegbegleiter aus. Weitere mögliche Angebote der Kirche für die Gäste seien beispielsweise offenes Singen, „Kirche unterwegs“ auf den Campingplätzen, Stille erleben in evangelischen Gästehäusern, Kirchenmusik im Freien wie Serenaden am See oder vieles andere mehr. Wichtige Akteure seien dabei vor allem die Kur- und Urlaubsgemeinden.
Thomas Roßmerkel sieht im Tourismus „Riesenchancen“ für die evangelische Kirche. Er arbeitet daher eng mit Tourismuseinrichtungen zusammen, ist landesweit auf den großen Tourismusmessen in Nürnberg und München präsent und erreicht damit auch Leute, „die mit Kirche normalerweise nichts am Hut haben“. Gleichzeitig würden zahlreiche Angebote nicht nur von den Gästen auf Zeit, sondern auch von Einheimischen gerne und oft genutzt.
Im Dekanat Traunstein gibt es drei halbe Stellen für die Tourismusseelsorge in den Tourismus-Hotspots Bad Reichenhall, Berchtesgaden und Ruhpolding. Das Resümee des Referenten lautet: „Verschiedenste Untersuchungen zeigen: Die große Mehrheit unserer Kirchenmitglieder nimmt ihre Mitgliedschaft nur zu bestimmten Anlässen wahr. Solch ein Anlass ist auch und insbesondere die Urlaubszeit. Hier sind Menschen offener für die Fragen nach dem Sinn des Lebens, und damit auch für die Angebote der Kirchen. So hat Kirche am Urlaubsort eine große Chance und Aufgabe, die es zu nutzen gilt.“

 

Synode des evangelischen Dekanats: Mehr Unterstützung bei Jugendarbeit im Strafvollzug gewünscht

Traunstein/Traunreut. Die Frühjahrssynode des Evangelischen Dekanats Traunstein im Wilhelm Löhe Zentrum in Traunreut befasste sich mit einer Eingabe der Kirchengemeinde Laufen bezüglich der seelsorgerlichen Betreuung jugendlicher Inhaftierter in der JVA Laufen-Lebenau. In seinem Bericht ging Dekan Peter Bertram außerdem auf die Aktion „einfach heiraten“ vergangene Woche ein und betonte: „Es war zutiefst berührend und bewegend.“

Im Rahmen der Synode wurde die Eingabe der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Laufen behandelt. Pfarrer Eberhard Zeh berichtete von seiner Arbeit als seelsorgerlicher Betreuer der Justizvollzugsanstalt, in der jugendliche Straftäter einsitzen. Die ihm dafür zur Verfügung stehenden Stunden reichten bei weitem nicht aus, so Zeh: „Die seelsorgerliche Betreuung jugendlicher Inhaftierter im Jugendstrafvollzug als besondere Form kirchlicher Jugendarbeit ist sowohl von sehr hoher theologischer als auch gesellschaftspolitischer Bedeutung, wenn denn Kinder und Jugendliche wirklich unsere Zukunft sind.“
Zu den Aufgaben eines Seelsorgers im Gefängnis gehörten Einzel- und Gruppengespräche, Beichtgespräche, die Spende von Taufe und Konfirmation, aber auch Nachhilfe für die Prüfungen zum Quali, Ausflüge organisieren, einfach nur Zuhören und emotionale Zuwendung geben. Zudem trete er immer wieder mal als Leumund vor Gericht auf. „Mit zwei Stunden in der Woche ist das nicht getan.“
Der Pfarrer erzählte von zwei Beispielen, wie Jugendliche, die schon früh auf die schiefe Bahn geraten sind, nicht zuletzt dank der seelsorgerlichen Betreuung nach der Haft zu anständigen Bürgern geworden sind und ihr Leben nun hervorragend meistern. Nach Meinung von Eberhard Zeh bedarf es „einer verlässlichen, wöchentlichen, mit der Situation angemessen ausreichend Personal ausgestatteten Präsenz“ in der JVA Laufen-Lebenau.

Die Dekanatssynode unterstützte das Anliegen und die Forderung nach einer Stärkung der Gefängnis-Seelsorge ausdrücklich. Konkret wird ein Kontingent von fünf bis sieben Wochenstunden gefordert. Die Synode bittet die zuständigen Stellen, sich für die Umsetzung intensiv einzusetzen.

In der Frühjahrssynode gab Dekan Bertram wie üblich einen Bericht über die zurückliegenden Monate ab. Demnach befasste sich der Dekanatsausschuss mit der Pfarrdienstwohnungs-Bedarfsplanung und der dekanatlichen Immobilienkonzeption, die das Gremium auch in der nahen Zukunft noch beschäftigen werden. Der Landesstellenplan werde Zug um Zug umgesetzt, einige Umsetzungen wurden bereits durchgeführt, andere folgen in diesem Jahr. Als „große Herausforderung“ bezeichnete Dekan Bertram die schwierige Besetzung der ersten Pfarrerstelle in Altötting, die nach wie vor von Kollegen aus der Umgebung mitbetreut werden muss. „Den Fachkräftemangel spüren auch wir im Dekanat ganz deutlich“, so der Dekan.

Sehr erfreulich verlaufe die Partnerschaftsarbeit mit Tansania. Hierfür stellt die bayerische Staatskanzlei eine Förderung in Höhe von 43.000 Euro zur „Ernährungssicherung“ in dem afrikanischen Land in Aussicht. Über 100 Bauern können damit zusätzlich geschult, neue Demonstrationsfelder in nachhaltiger Landwirtschaft angelegt und somit Multiplikatoren gewonnen werden.

Der Dekan verwies noch auf die Termine der kommenden Dekanatssynoden jeweils samstags am 18. November sowie am 13. April 2024. Am Samstag, 1. Juli, gibt es in Traunstein ein Fest anlässlich des Jubiläums „75 Jahre Dekanat und Diakonisches Werk“.

Richard Graßl stellte in der Frühjahrssynode den Haushalt 2023 des Dekanats vor, der im Vergleich zum Vorjahr leicht erhöht angesetzt wurde. Er sieht Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 730.121 Euro vor. Größte Posten sind die Jugendarbeit einschließlich Wiedhölzlkaser, Frauenarbeit, Krankenhausseelsorge und Gefängnisseelsorge mit über 300.000 Euro.