Emotionaler Abschied

Nach 25 Jahren in der Stadtkirche: Viele Gäste würdigen Diakon Johannes Häberlein

erschienen in Bad Reichenhaller Tagblatt vom 30.04.2019, Redaktion: Hans-Joachim Bittner

Bad Reichenhall. Das große Aufsehen rund um seinen Abschied als Diakon war Johannes Häberlein im Vorfeld gar nicht so recht. „Ich werde die Ohren anlegen und schauen, wie ich durchkomme“, sagte er vor den Feierlichkeiten mit Gottesdienst und Empfang mit einem Augenzwinkern. Den Festgottesdienst zu seinen Ehren konnte er am Sonntag aber durchaus genießen – wenngleich die eine oder andere Träne floss, jedoch vor Freude, Rührung und Dankbarkeit.

Johannes Häberlein war immer einer, der in erster Linie für andere da war: „Der Dienst am Menschen war mir immer wichtig und bereitete mir am meisten Freude. Ich betrachtete diese Arbeit stets als Geschenk, darum habe ich sehr gerne gearbeitet.“ Und darum kann sich innerhalb der Evangelischen Kirchengemeinde Reichenhalls immer noch niemand richtig vorstellen, dass der so liebgewonnene Diakon nicht mehr präsent sein soll. Denn wenngleich der 65-Jährige jetzt „erstmal Pause“ macht, wie er sagt, so denkt er doch schon viel weiter: „Anfang 2020 kann es durchaus sein, dass ich wieder eine seelsorgerische Beratungstätigkeit übernehme – wenn mich jemand braucht“. Freilich nicht mehr in der bisherigen Intensität.

Zum Abschiedsgottesdienst unter der Leitung von Stadtpfarrer Martin Wirth in der voll besetzten Evangelischen Stadtkirche sowie zum Empfangs im Anschluss waren zahlreiche Ehrengäste gekommen, um Johannes Häberlein zu danken. Der Diakon selbst hatte einen bewegenden Brief an den Jünger Thomas in den Mittelpunkt seiner Predigt gestellt. „Er war der Grund dafür, dass ich meine Zeit nicht verloren habe.“ Bei Zweifeln habe er Häberlein stets in die richtige Richtung gelenkt. Der Reichenhaller Motettenchor gestaltete den Gottesdienst mit, Kirchenmusikdirektor Matthias Roth spielte an der Orgel, als Gast saß der Alt-Katholische Diakon Georg Spindler aus Teisendorf neben dem scheidenden Diakon.

 


Pfarrer Dr. Günter Breitenbach, Rektor der „Brüderschaft Rummelsberger Diakoninnen und Diakonen“ war extra nach Bad Reichenhall gereist, um den Diakon zu verabschieden. Er entband Häberlein mit einer Urkunde von seinen dienstlichen Pflichten, gleichwohl versicherte Breitenbach, dass der Diakon Mitglied der Brüderschaft bleibe. Zuvor hatte der Pfarrer Häberleins Weg nachgezeichnet. Dekan Peter Bertram aus Traunstein würdigte den 65-Jährigen mit einem „Chapeau!“ als „eigene Hausnummer“ und „absoluten Könner“. Er sei stets am Rande der Gemeinde und doch mittendrin tätig gewesen, so Bertram. Seine Seele solle im Ruhestand, wenn sehr viel mehr private Zeit ist, keinen Schaden nehmen.

Im Pavillon überbrachten zahlreiche Gäste Geschenke und Dankesworte: Reichenhalls Oberbürgermeister Dr. Herbert Lackner dankte Johannes Häberlein im Namen der Stadt und des Landkreises: „Jede Begegnung mit ihnen war wunderbar“, so der Rathauschef. Kurdirektorin Gabriella Squarra sprach von einer besonderen „Atmosphäre, in der man ankommen durfte“, wenn es um Treffen mit Johannes Häberlein ging.

Der Katholische Stadtpfarrer Markus Moderegger lobte die Zusammenarbeit und sagte: „Ein Diakon, der nicht dient, dient zu nichts. Ein Diakon, der viel dient, hat vielen Menschen Glück gebracht. Du warst Petrus, auf dessen Felsen wir bauen konnten, in der Ökumene.“ Der Kreisgeschäftsführer der Caritas, Rainer Hoffmann, lobte die Einzigartigkeit der Kombination aus Psychotherapie und Seelsorge, die Johannes Häberlein Fall-übergreifend verband. „Das war großartig für uns.“

Pfarrer Martin Wirth lobte „Grandseigneur“ Johannes Häberlein mit einigen Adjektiven: „Zurückhaltend, aber klar, vermittelnd und klärend, integrierend und konstruktiv, authentisch und wahrhaftig. Zuverlässig und effektiv.“ Er dankte dem Diakon im Namen des gesamten Teams, vor allem für die wöchentlichen Dienstrunden. Bei der Feierstunde weilte zudem Helmut Langosch vom Kriseninterventionsdienst BGL und der katholische Diakon Sylvester Resch.

Die neue Vertrauensfrau des Kirchenvorstands in der evangelischen Gemeinde, Renate Graßl, fasziniert an Diakon Häberlein vor allem „dieTiefe der echten Begegnungen zwischen Menschen“. Sie verabschiedete den Diakon und hieß ihn als Rentner willkommen. „Auf ein baldiges Wiedersehen.“

Mit rührenden Worten verabschiedete sich Johannes Häberlein als Abschluss des Empfangs von seinen Weggefährten. Er hatte nicht nur mit dem Satz „es war mir eine Freude, Pfarrern beizubringen, was Seelsorge ist“ den wohlwollenden Applaus auf seiner Seite.

„Das einzig Wahre und Spannende im Leben waren und sind für mich die anderen Menschen und was zwischen ihnen passiert – und dass das immer mit einem selbst verknüpft ist“, dieser Satz begleitete Johannes Häberlein seit seiner Pubertät. „Darum musste ich diesen Weg gehen. Bis heute hat sich daran nichts geändert.“
Er sei froh, diese Richtung gefunden und eingeschlagen zu haben. „Das Atemberaubende und Attraktive ist eigentlich nicht das Besondere“, sagt der nun scheidende Diakon. Nicht die Veränderung in Biographien sei das Spannende, sondern wenn es plötzlich gelingt, dass jemand Stück für Stück die Perspektive auf das eigene Leben und die Welt, in der er lebt, verändert. „Und darüber gesund wird“, ergänzt der 65-Jährige. Was in einem solchen Prozess passiert, welche Kräfte hier wirken, faszinierte Häberlein sein ganzes Berufsleben. Es seien oft die ganz kleinen Geschichten, die am Ende riesige Konsequenzen erlangen. „Denn damit verändern sich Welten. Und jeder Mensch hat seine eigene. Ich bin dankbar, dass ich daran ein bisschen teilhaben durfte.“