Genau genommen ist die Geschichte von der Geburt Jesu Christi ein Flüchtlingsdrama: Eine hochschwangere Frau sucht unter großem Zeitdruck gemeinsam mit ihrem Mann eine Herberge. Ähnliches erleben tagtäglich unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Diese haben zwar die Flucht überlebt, sind nun aber völlig auf sich allein gestellt. Am dringlichsten brauchen sie eine geeignete Unterkunft und sozialpädagogische Begleitung. Beides stellen Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde und Diakonisches Werk Traunstein e.V. zur Verfügung. Ab November werden in einem aktuell leer stehenden Gebäude der Kirchengemeinde Traunstein acht minderjährige Flüchtlinge untergebracht. Die Diakonie sorgt für eine fachkundige sozialpädagogische Begleitung rund um die Uhr.
„Es geht um den Schutz der uns anvertrauten Jugendlichen“, betont Diakon Thomas Zugehör, Vorstand des Diakonischen Werks Traunstein e.V. „Die jungen Menschen haben Schlimmes erlebt. Jetzt sollen sie ankommen und eine neue Perspektive entwickeln können.“ In großer Eile hat seine Stellvertreterin, Margarete Winnichner, ein fachkundiges Pädagogen Team zusammengestellt. Zuvor besichtigte sie gemeinsam mit der Heimaufsicht und Behördenvertretern die Räume. „Die Räumlichkeiten sind für diesen Zweck sehr gut geeignet“, sagt Jugendamtsleiter Franz Feil erleichtert. Ihn erreichen derzeit täglich neue Anfragen für eine Unterbringung von minderjährigen Flüchtlingen. Unmittelbar nach der Prüfung der Räume erfolgte eine Information der umliegenden Anwohner. „Wir brauchen die Solidarität unserer Nachbarn“, hebt Margarete Winnichner hervor. Die Jugendlichen werden für Anfang November erwartet. Wer genau kommen wird, weiß niemand, da die Zuweisung über die zentrale Clearingstelle in München erfolgt. Definitiv geklärt sei jedoch, dass ausschließlich minderjährige Jugendliche vermittelt werden. Sind diese erst einmal angekommen, fange die Arbeit erst an. Vor allem eine geregelte Tagesstruktur sei wichtig, sagt Winnichner. Zudem müsse rasch geklärt werden, ob ein Besuch der Schulen am Ort möglich sei oder ob Erlebnisse und Erfahrungen der vergangenen Wochen und Monate dies erst zu einem späteren Zeitpunkt zulassen. Dekan Peter Bertram freut sich über die klare Positionierung seiner Kirchengemeinde. „Der Kirchenvorstand hat sich eindeutig für diese Hilfe ausgesprochen und ist sich seiner Verantwortung für Menschen in Not bewusst“, berichtet Bertram stolz. Zudem hebt er die Unterstützung von Stadt und Landkreis hervor. „Die Not der Flüchtlinge können wir nur gemeinsam lindern. Traunstein gibt hier ein gutes Beispiel gelebter Nächstenliebe.“